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Dienstag, 9. Oktober 2012

The Amazing Spider-Man






Apokalypsen-Man

Ein gutes halbes Jahr ist es her, dass Beenox mit „Edge of Time“ die Wandkrabbler-Fans mit einem neuen Spidey-Titel auf den heimischen Konsolen versorgte. Und obwohl eben dieser Titel nicht für den PC erschien, wohl aber der Vorgänger „Dimensions“, werden wir seltsamerweise jetzt wieder mit einem Titel via Steam oder regulär als Ladenversion für ca. 30 € auf dem geliebten Rechner beschenkt.
Dieser kam zwar Mitte August, also ca. 2 Monate später als die Konsolenfassung heraus, kann aber gleich mit zwei schlagkräftigen Argumenten überzeugen: Open-World und Fortsetzung zum „aktuellen Kinofilm“.

Der Einstieg wird euch in genreuntypischer Ego-Perspektive präsentiert.
Connors wird erneut vom Feind zum Verbündeten zum ...

Denn wo die beiden anderen Titel noch ungewöhnlicherweise streng linear daher kamen, orientierte man sich jetzt wieder an Treyarch-Qualitäten („Web of Shadows“, „Spider-Man 3“), lässt Stück für Stück Chaos in Manhattan ausbrechen und baut damit Parallelen zum Grundstorykonzept von noch recht frischen „Prototype 2“ auf.
Wie vorhin erwähnt wird nämlich die Story vom Film aufgegriffen und mit Spielstart fortgeführt. Die Oscorp-Corporation hat einige durch den von Doctor Connors hergestellten Virus infizierte Menschen eingefangen und untersucht sie aktuell.

Eins der "Highlights": Ratten zur Spurenverfolgung zweckentfremden oder...
... riesige Spinnenbots mit Leichtigkeit bezwingen.
Einer der wenigen interessant aufgebauten Levels: die Jagd nach Black Cat.

In einer interaktiven einmaligen Ego-Perspektiven-Szene lauft mit ihr als Peter Parker mit eurer geliebten Gwen Stacey durch den Laborkomplex und werdet – wär hätte das gedacht – Zeuge eines Ausbruchs aller Exemplare.
Die infizieren natürlich Stück für Stück jeden Einwohner Manhattan’s (leider auch Gwen),  was  Spidey zwingt die Echse aka Doc Connors aus dem Gefängnis zu befreien und mit ihm ein Gegenmittel zu entwickeln.

Comics nicht nur sammeln, sondern auch lesen. Tolles Extra!

Dass bei Oscorp aber der Imageschaden durch den Kontrollverlust Minute für Minute steigt und ihnen somit die Zeit aus dem Ruder läuft, sorgt dafür, dass der Konzern nur noch eine Möglichkeit zur Dämmung des Ausbruchs sieht: die Auslöschung des beliebten New Yorker Stadtteils. Somit haben wir zwei Parteien mit denen wir es zu tun haben und einiges an Potenzial, was man hätte ausschöpfen können.
Können, ja – denn „Amazing Spider-Man“ macht zwar gameplay- und aufmachungstechnisch vieles richtig, kann aber leider nicht mit einer spannenden / neuartigen Story punkten.

Darf in keinem Spidey-Game fehlen: Deckenkrabbeln (Schleichangriffe gibt's auch!).

Endzeitszenario dieser Art hatten wir bereits in einem anderen Spidey-Game (Web of Shadows). Die Cutscenes in Spielegrafik sind meistens unnötig langwierig und mit viel zu viel verbalem Geblubber gefüllt, was nicht so recht zu einem Comic-Game passen will. Auch fällt direkt zu Beginn auf, dass die Hauptcharaktere zwar den filmischen Vorbildern ähnlich sehen, aber komplett andere deutsche Stimmen haben.
Vor allen Dingen nervt aber Parker’s ständiges Sprüche-Klopfen, welches sich unter aushaltbarem Niveau ansiedelt. Besonders beim Sammeln der insgesamt 700 Comics merkt man schnell, dass der Sprüchepool nicht sonderlich groß ist und man ständig dieselben Zeilen – immer und immer wieder – hört. Als ich letztens Resident Evil Retribution im Kino sah (der Film ist schlecht), wurde ich auf eine gewisse Art und Weise daran erinnert. Bitte gut übersetzen oder einfach gute Inhalte liefern, wenn man schon cool und „prollig“ wirken möchte.

Total leichter Nebenauftrag: Spidey mit der CAM stets zentral halten.

Zur offenen Welt:
Diese wird sämtlichen gewöhnlichen Erwartungen gerecht: ihr habt eine Übersichtskarte, auf der sowohl alle Nebenmissionen als auch die nächste Story-Aufgabe verzeichnet sind. In letzterer geht es meist in Schlauchlevels durch Kanalisationen, Labore oder andere recht langweilig designte Komplexe. Schade, da ich mir sicher bin, dass Beenox interessante Innenareale entwerfen und mit abwechslungsreichen Aufgaben spicken kann. So schwingt und klettert ihr meist durch teilweise absurd lange Luftschächte, zerstört Objekte, dreht an Ventilen oder … kloppt euch halt mit beliebig austauschbaren Feinden. Zwar haben einige Soldaten Schusswaffen, Stahlschilde oder explodieren bei längerem Kontakt, doch alles läuft auf’s selbe hinaus: Draufkloppen, Ausweichen, Finisher – bis alle hinüber sind. So langweilen die Kämpfe schnell, obwohl das Kampfsystem von Batman: Arkham Asylum / City abgekupfert ist: so seht ihr via Spinnensinn wer euch demnächst angreifen wird und könnt mit einfachem Rechtsklick einen Konter starten. Alternativ schwingt ihr euch automatisch auf Knopfdruck in Sicherheit, wenn der Spideysensor rot anstatt weiß aufleuchtet.

Cool: Spidey's Kleidung wird nach und nach zerfetzt.


Werdet ihr kritisch getroffen, wartet ihr eine Weile und schaut zu wie das moderne Auto-Healing-System Wirkung zeigt. Nett ist aber, dass man Kampfspuren auf den Kostümen erkennen kann und somit das teure Outfit Stück für Stück nur noch aus Rissen besteht und offene Wunden zeigt.
Neue Comboattacken, Healthupgrades oder sonstigen Schnickschnack könnt ihr durch Belohnungen des Erfahrungspunktesystems erwerben: die Spinne erhält nämlich durch Erfüllen von Aufgaben, Sammeln von Extraitems oder Kloppen von Gegnern sogenannte Technikpunkte / EXP. Die TPs sind für den Kauf von speziellen Fähigkeiten da, die nach einem Levelaufstieg erhaltenen Skillpoints zum Pushen von Basicabilities. Da aber lediglich eine  Netzschwingcombo, weniger Schaden durch Kugeln und Schläge und mindestens 6x-Multiplikator für Finisher wirklich sinnvoll waren, gab ich den Rest der Punkte einfach nur aus, um sie ausgeben zu können. Wirklich nützliche Sachen sind im Allgemeinen nicht dabei.

Stets ein tolles Gefühl...

Was seltsam und gleichzeitig gut daher kommt, ist die Steuerung: mit gedrückter Shift-Taste aktiviert ihr den Netz-Modus und könnt somit erst mit zusätzlich gedrückter rechter Maustaste schwingen oder Feinde mit der feinen Spinnenseide einwickeln. Strange, dass man die Shift-Taste dazu benötigt, aber okay… cool, aber schon fast zu einfach ist das System „Just push a button and something awesome happens“: nicht nur im Kampf ist jeder einfach ausgelöste Finisher anders, auch das Schwingen geht schnell und einfach von der Hand – hier gibt’s keine Probleme. Nirgends schwingt ihr gegen, es sieht einfach immer atemberaubend aus. Besonders in den Straßenschluchten kurz über dem Asphalt der Hauptstraßen wirkt gerade das Zusammenspiel mit dem Blur-Effekt echt gut. Auch mittels E-Taste könnt ihr einfach schnell dorthin gelangen wo ihr gerade hinschaut – wer die Taste länger gedrückt hält, kann sogar (auch in der Luft) in Zeitlupe die Destination Spots aussuchen.


Nur mit E könntet ihr in wenigen Minuten ganz Manhattan durchschwingen. Toll ist aber, dass es so wirkt als könne Spidey nur dann schwingen, wenn auch Grip für die Netze vorhanden ist. Im Central Park geht’s natürlich nur knapp über dem Boden.

Cool: der Hauptmenüaufruf zersplittert den aktuellen Screen.

Am meisten Spaß macht das Spiel also außerhalb der Main Story, obwohl die Nebenaufträge sich nach einiger Zeit schnell wiederholen. Entweder ihr vermöbelt Gangster oder haltet Fluchtfahrzeuge auf oder filmt Spider-Man beim Schwingen immer im zentralen Winkel oder liefert unnormal viele Infizierte in speziellen Krankenzelten ab. Hier steckt leider zuviel Wiederholung drin.

Tante May sieht ziemlich jung aus... und setzt merkwürdige Smileys. Macht mich traurig :D
Der Ladescreen wird mit teils ulkigen statischen Chatnachrichten befüllt.

Auch ist es schade, dass zwar Rhino, Scorpion und Black Cat ihre Auftritte haben, doch die sind leider viel zu kurz geraten und man schreit als Spieler förmlich nach mehr Cameos seiner Lieblingsantagonisten. So dreht sich die Story halt immer wieder um Oscorp und Connors.



Fazit:
Jeder Spidey-Fan darf beim irgendwann gesenkten Preis auf 20 € garantiert zugreifen, holt sich dann aber gleich die PS3-Fassung, die sicherlich eine bessere Steuerung und allerlei Trophies für Sammelkram mit sich bringt. Das Schwingen macht hier in Manhattan besonders Spaß – so erfüllt man mit Freude die ganzen, sich schnell zu sehr wiederholenden, arg leichten Nebenaufgaben, muss dann aber abseits davon damit klarkommen, dass hier nur eine gewöhnliche langweilig erzählte Story dargeboten wird, die zwar mit der Grundidee „Story im Anschluss zum Film“ zunächst Interesse weckt, sich dann aber ein wenig bei der Umsetzung verzettelt.
Die Grundaufmachung ist aber ziemlich cool – so werden Blur- und Zeitlupeneffekten oft und gerne stimmig eingesetzt und Spidey hat stets einen netten Move drauf, wird perfekt von der Kamera eingefangen, nervt aber hin und wieder mit völlig grenzdebilen Keller-Kalauern.
Als besonderes Schmankerl gibt’s ein paar freischaltbare digitalisierte Original-Comics auf Englisch zu bestaunen. Neben den überflüssigen Konzeptzeichnungskram mal ein Inhalt, der eventuell für Hardcorefans als Kaufargument überzeugen kann.
Wer nicht Spidey-Fan ist, vernachlässigt die Spinnerei und greift auf vergleichbare Open-World-Titel zurück.

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