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Donnerstag, 5. Juli 2012

Spec Ops - The Line




Unfassbar!

Als ich gerade auf meiner Recherche-Tour durchs Web auf der Suche nach den Referenzen von "Yager Development" war, das für Spec Ops verantwortliche deutsche Entwicklerteam (Sitz hier von mir um die Ecke in Berlin), war ich geschockt, dass sie bisher nur 2003 "Yager" entwickelt haben, ein Spiel in der fernen Zukunft mit Raumschifffliegern. Damals ansehnliche Grafik und grundsolides Gameplay. Bis heute war da NICHTS! Traurig, aber
irgendwie verständlich ist, dass es keinen Wikipedia-Artikel zur Firma gibt.
Traurig auch deshalb, da Crytek als Konkurrenzfirma im eigenen Lande es zumindest dort zu internationalen Ruhm geschafft und viel Geld gescheffelt hat - wenn ich es auch persönlich als ungerechtfertigt empfinde. Immerhin ist Crysis 1 und 2 der reinste Megahype und entgeistert mich noch heute mit einer von Inspiration völlig abwesenden 0815-Menschen-gegen-Aliens-Story.
Naja... aber zumindest hat Crytek einen tollen Webauftritt, der übersichtlich und gut über alles Wissenswerte informiert.
Und "Yager"?
Besucht doch einfach mal ihre Homepage und sagt mir, wo ich ihre Referenzen übersichtlich aufgelistet finde. Ich wäre euch sehr dankbar!

Wer aber sehr interessiert am Studio selbst ist, kann sich mit einem Entwicklerstudiobesuch in der Sendung von Pixelmacher überzeugen (an dieser Stelle noch einmal ein herzliches Dankeschön für den Tipp einer Mitbloggerin namens Sinistra - ihren informativen Blog findet ihr hier ).
Ich selbst fand' das Team jetzt nicht so sympathisch, obwohl sie bestimmt allgemein guten Anklang finden. Vielleicht liegt's auch an Berlin, ick weeß ditt nisch.

Nun kommen wir aber mal zum Spiel selbst...



Dubai ist das Vietnam von morgen

Die Story fängt simpel an: ihr seid US-Soldat Walker und habt stets zwei Teamkameraden, Adams und Lugo, im Schlepptau. Euer Ziel: den desertierten Colonel Konrad mit seiner 33ten Kompanie dingfest zu machen und die Zivilisten der Stadt zu evakuieren. Die Stadt selbst ist von jeder Kommunikation abgeschnitten und von riesigen Sandstürmen gebeutelt.
Da das Spiel sich aber eher an Vietnam-Filmklassiker orientiert und hier ein Anti-Kriegsspiel, fern des vielen patriotischen HOORAY-Blablas bieten will, geht's hier nicht nur in einen Urlaub in die Vereinigten Arabischen Emirate, sondern auch tief in die eigenen psychischen Abgründe.

Vielversprechend ist also der Grundgedanke, den die Entwickler versprachen - hier soll das Schrecken des Krieges gezeigt werden - doch wie ein gewöhnlicher 3rd Person Shooter fängt es an.

Als Walker nehmt ihr per Knöpfchen jederzeit irgendwo Deckung - wie in jedem beliebigen anderen Deckungsshooter, ballert mit Waffen, von denen ihr nur zwei gleichzeitig tragen könnt. Im Allgemeinen könnt ihr meistens eure Lieblingsballermänner behalten, doch hin und wieder wird die Munition so knapp, dass ihr ausweichen müsst.
Da sich das Spiel an Original-Schießprügel orientiert, dürft ihr nichts spannendes erwarten: bis auf Pistole und Shotgun gibt's nur MGs - am laufenden Band.

Nett ist außerdem, dass ihr eurem Team ganz simpel, aber leider nur genau EINEN Befehl erteilen könnt. Und zwar: "Das Ziel da ist Prio 1 - bitte sofort umnieten!". Wenn man das aktiviert, holzen sie den Feind auch recht zügig weg. Macht man gar nichts, passiert auch wenig. Die Freunde sind solide, aber keine außerordentlich gute Hilfe wie in Ghost Recon: Future Soldier.

Ganz dumm ist aber, dass eure Kumpels zwar in die Knie gehen und ihr sie innerhalb einer Zeit retten bzw. retten lassen müsst... aber selbst sterbt ihr den Soforttod, wenn euch Kugeln zuviel erwischen. Wieder einmal kommt hier das Auto-Healing-System zum Einsatz: ich warte bis die Blutung von selbst aufhört. Ist ja auch in der Realität so üblich. Erinnert mich immer noch stark an das bescheuerte "The Getaway" - an die Wand lehnen und schon ist das Jackett gar nicht mehr so blutgetränkt wie von vor 5 Sekunden. Geil.

Was das Spiel aber richtig scheiße macht, ist die Innovationslosigkeit im Gameplay: GegnerMASSEN müsst ihr hier niederstrecken - und gerne kommen sie immer wieder dahergespawnt, seilen sich von der Mauer ab und kämpfen weiter. Immer weiter und weiter und weiter und weiter und weiter und weiter und weiter und weiter... *zzzzzzzZZZZZzzzzzzz*

Ich war echt angepisst als ich mich an diese Farce gewöhnen musste... und: die Feinde schießen gut. Das heißt, dass ihr länger in Deckung bleiben müsst und sich das Gameplay noch weiter in die Länge zieht. Mein Tipp: auf Leicht stellen (der erste von vier Schwierigkeitsgraden) und dann das Game genießen. Zumal eine Szene (die mit dem Heli, der auf euch durchs Fenster schießt und ihr vor dem wegrennen müsst - glaub' es war Kapitel 7) auch unfair designt ist und gefühlt nach Lust und Laune den Tod herbeibringt. Auch wirkt die Animation, wenn Walker in Deckung geht albern langsam oder die Tatsache, dass "Leertaste" sowohl für's Deckungnehmen als auch für's Sprinten fungiert, einfach manchmal in Situationen, wo es drauf ankommt, nervt und ihr euch an Ort und Stelle nieder lasst anstatt wegzulaufen.

Zwar wechselt sich das Spiel mit Moorhuhn²-Passagen wie Gatlinggeballer vom Heli (so unvorteilhaft beginnt auch das Spiel und die Demo - einen langweilenderen Ersteindruck kann man doch gar nicht mehr machen) oder Granatenwerfergeballer vom Truck aus, ist aber im Grunde genommen eins: nur Schießbudengeballer. Keine Rätsel, keine beeinflussbaren Dialoge, keine Kletterpassagen... keine Schleicheinsätze (die Gegner entdecken euch trotz Schalldämpfereinsatz eh). Uncharted, wenn es auch mehr Indiana Jones Feeling erzeugt, hat einfach ALLES was ein Spieler will - und macht es supergut!



Entscheide dich!

Interessant wird's dann erst nach dem ersten Drittel des Spiels und für mich persönlich viel zu spät: ab dann gibt es, wenn über's Spiel auch verteilt nur sauwenig, Punkte, an denen ihr euch für Dinge entscheiden müsst. Und diese Entscheidungen sind oftmals gar nicht richtig einfach zu treffen - gut oder böse gibt es hier im klassische Sinne nicht unbedingt. Man muss sich dann selbst überzeugen mit: "Rette ich ihn jetzt, rette ich zumindest irgendwen als vielleicht später die Zivilisten, die schon um die Ecke verschleppt und eventuell hingerichtet worden sind..." - zumindest nahm dieser Gedanke mir das Grübeln letztendlich ab als ich einen US-Kollegen retten sollte.
Aber sorry, ich muss euch jetzt schocken: egal wann ihr euch wie und wofür entscheidet: es spielt KEINE Rolle. Und das ist für mich die größte Frechheit des ganzen Spiel. Wozu erst einbauen, wenn sowieso die Schlüsselsequenz zum Umschwung der Betrachtungsweise der ganzen Mission einfach automatisch abläuft? Es wird zwar impliziert, dass ich eine Wahl habe... dem ist in Wirklichkeit nicht so. Ich kann mich leider an der (hier jetzt von mir absichtlich geheimnisvoll gemachten) Stelle nicht abseilen oder die Soldaten von Weitem fertig machen... ich MUSS den vorgegebenen Weg gehen.
WANN entdecke ich mal ENDLICH wieder ein Spiel, was dank einer Entscheidung zwei KOMPLETT mit separat eigens kreierten Levels und Geschichten kreiert... je nachdem was ich gewählt habe? Ich will nicht ähnliche oder fast identische Geschichten erleben oder nur für den Moment einen anderen Satz der Teamkollegen hören... hier ist es leider wie im letzteren Fall: jemand sagt was anderes, dann geht's eh den vorgesehenen Weg entlang.
Krass.
Gratulation.
So ein Bullshit.
Die einzigen Entscheidungen, die zum anderen Ende führen, sind eh am Schluss des Spiels. Also schön letzten Checkpoint laden und ausprobieren.
Die Enden sind - wie eben auch die Plotentwicklung zum Schluss wirklich gut und stechen aus der Masse heraus. DAS ist quasi der bleibende Eindruck. Und dieser wurde seit der Mitte des Spiels sanft wieder aufgebaut. Am Anfang war ich teilweise echt genervt von diesem Shooter-Einerlei.
Auch gefiel mir wirklich durchgehend das liebevoll und wahnsinnig ansehnliche Dubai - am liebsten würde ich gleich noch einmal da durchrennen - nur der Optik wegen. Die ist wirklich immer über alle Zweifel erhaben. Der Blick in die Wolkenkratzerschlucht der von Sandmassen zerschütteten Stadt. Der Bootsfriedhof im Sand... oder einfach die verschütteten Gebäude oder Überbleibsel der Zivilisation.
Wenn das Geballer etwas weniger und weniger simpel wär... hätte ich noch mehr Lust als überhaupt. Aber zum Glück gibt's ja den leichten Schwierigkeitsgrad, der mich genüsslich Headshots in Sekundenschnelle verteilen lässt, damit ich wieder meine ersehnte Ruhe hab.
Bitte demnächst einen Dubai-Simulator von Yager - danke!

Der Multiplayermodus wurde von mir übrigens nicht getestet.


Fazit:
Ich habe gerne Urlaub im virtuellen vom Sandsturmdesaster gebeutelten Dubai gemacht! Die Story hätte für mich noch etwas schockierender sein können ... der Sand im Getriebe waren für mich die dafür leider nicht ganz so detaillierte Grafik, die stümperhafte comichafte alberne Gewalt und die soliden, aber oftmals die Atmosphäre nicht so gut rüberbringenden deutschen Stimmen (Hallo??? Das Game ist aus Deutschland - könnt ihr da nicht megaprofessionell und authentisch synchronisieren?).
Krass und sehr beeindruckend fand ich die liebevoll designten Levels - besonders das unverbrauchte sandige Szenario passt so unglaublich gut zur aktuellen Sommerzeit. Würde das Game mir nicht soviel Moorhühner entgegenschicken und das Gameplay noch ein wenig variieren, wäre das Spiel perfekt... aber so ist es leider spieltechnisches Mittelmaß mit äußerst lohnenswertem Setting... und einer netten Story, die ihr wirkliches Potenzial erst viel zu spät entwickelt und hätte intensiver sein können.
Beim nächsten Mal, Yager? Vielleicht auch erst nicht 9 Jahre später? ;)

4 Kommentare:

  1. Nette Review :)

    Echt schade dass die Entscheidungen keinen Einfluss aufs weitere Geschehen haben. :(

    Wies aussieht werd ich mir das Spiel zum Budget Preis holen. :3

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  2. Danke für deinen netten Kommentar! :) Dass du das Game erst dann kaufst, wenn's auf dem Grabbeltisch landet, wird sich bestimmt für dich auszahlen. Zumal es derzeit auf Langzeit motivierendere Spiele zur Sommerlochüberbrückung gibt! (PC: Diablo III, PS3: Dragon's Dogma)

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  3. Also mich hat das Spiel auf jeden Fall gefesselt, wenn auch bei der kurzen Spiellänge nicht sehr lang :D

    Die Grafik fand ich in Ordnung, dafür viele Ausblicke auf Dubai wirklich atemberaubend. Die Story finde ich cool, nicht zuletzt weil die Vorlage schon genial war..

    Enttäuscht hat mich aber auch wirklich, dass die Entscheidungen keine direkten Auswirkungen haben. Wobei das Spiel das auch nicht wirklich braucht, bei den Entscheidungen (und auch den verschiedenen Enden) geht es ja viel mehr darum was man selber mit sich vereinbaren kann, alleine die Tatsache dass ich ein paar moralische Entscheidungen treffen kann hat mich auf jeden Fall noch weiter in die Handlung gezogen.

    Die Herren von Yager dürfen gerne noch weitere Spiele entwickeln die von der Handlung her mal nicht das übliche "Guter Amerikanischer Superheld besiegt unfassbar bösen Terroristen mit Atombombe"-Prinzip verfolgen! :)

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  4. Das stimmt allerdings. Andere Ansätze als die üblichen, die man so kennt und gewohnt ist, sind immer sehr begrüßenswert! :)

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