Google+ Games ... aaand other accidents: inFamous 2 (PS3)

Samstag, 30. Juli 2011

inFamous 2 (PS3)





Sucker Punch meets Treibsand

inFamous 2 - "nun endlich ist er da", der Nachfolger zum erfolgreichen 2009 erschienenen Erstling, welcher von der Spieleschmiede "Sucker Punch" entwickelt wurde. Die Firma hat, wie einige bestimmt wissen, davor die ersten 3 "Sly"-Teile entworfen, an welchen man schon zunehmend sehen konnte, in welche Gameplayrichtung sie einschlagen: OpenWorld. Und genauso verhält sich der neue Teil um den Antiheld-helden "Cole" mit seinen elektrischen Kräften. Leider konnte Sucker Punch schon damals seit "Sly 2" nicht mehr an die geniale Spielbarkeit des ersten Werkes mit Namen "Sly Racoon" ranreichen. Und das war eben durch das sich sehr abnutzende "Offene Welt"-Schema: immer rennt man zigmal durch dieselben Gebiete, irgendwie ähnelten sich die Aufgaben immer mehr - irgendwie gewann es den Eindruck, nur noch Fließbandbrei serviert zu bekommen, denn Regel Nummer eins: was nützt schon das tollste Spiel in einer unübersichtlichen, teilweise leblos da nicht soviel zu bieten habenden Welt? Und leider leider leider hat sich seit dem Vorgänger von inFamous auch nicht viel getan, sogar sind sie noch einen Schritt weiter zurück gegangen und versinken stetig - ich befürchte Eintöniges beim seit Beginn des Jahres durch einen versteckten Trailer zu "Sly 4" (enthalten im HD-Bundle von Sly 1 bis 3 für PS3) beworbenen Nachfolger der Waschbärendiebtriologie. Was denn nun genau inFamous 2 richtig und was falsch macht, klären die nächsten Zeilen im Detail auf.



Stay shocked

Man spielt immer noch den Hauptcharakter Cole, ebenso aus der 3rd-Person-Perspektive - hat ebenso dieselben Fähigkeiten - welche aber wie gewohnt bei einem Sequel erweitert wurden, teilweise auch mit nicht-elektrisierenden Begabungen. Aber zurück zum Beginn: fulminant beginnt das Spiel, ein Tutorial vorbildlich unaufgezwungen mischt es sich in einer Pre-Bosskampfszene mit ein. Die sogenannte relativ einfallslos genannte "Bestie" wütet über Empire City, dem Schauplatz des ersten Teils - und macht die Stadt dem Erdboden gleich, sodass unser imposanter Superheld gegen das haushohe Monstrum entfliehen muss. Neben dem uninspirierten Namen hätte "die Bestie" langweiliger nicht hätte ausfallen können: ein riiiiiiiesiger aus Magma-Brocken bestehender Glatzkopf - mehr wird euch als Hauptfeind nicht geboten. Interessant ist aber, dass man von Empire City (Ostküste, Maryland) weit runter nach "New Marais", einem fiktiven Ort in Lousiana flüchtet. Dabei ist "New Marais" quasi mit "New Orleans" gleichzusetzen. Ja ... Sumpfgebiet, was viel Wasserfläche bedeutet, ergo eine größere Gefahr für Cole darstellt. Aber weit gefehlt: bis auf ein Gebiet der 2 großen, aber nicht zu großen Inseln ist nichts gefährlich für Monsieur Schock. Zum einen seid ihr nämlich in einer ganz gewöhnlichen, wenn auch runtergekommenen, aber dadurch eigenen Charme ausstrahlenden Stadt unterwegs wie man sie so kennt, bloß nicht mit Wolkenkratzern. Zum anderen auch ein Industriegebiet, das angedeutete überflutete "gefährliche" Slums-Gebiet oder der Industrieteil. Insgesamt muss ich sagen, dass mich das alles sehr an den Vorgänger erinnerte. Als hätte man vom Design her einfach eine "2" hinten rangeklatscht, hier und dort ein bisschen Häuser verschoben und das war's. Anfangs gefielen mir die sumpfigen Gebiete, hier und da Bäume, alte Brücken & Baracken - die ersten 20 Minuten sind streng linear, danach geht's wie gewohnt mithilfe der Übersichtskarte von einer Mission zur nächsten - ob Haupt- oder Nebenmission (welche sich übrigens häufig gleich spielen, besonders die geklonten Nebenaufgaben - aber dazu später mehr), sondern diesmal auch ein neues interessantes Feature:



Baukastenkreativität

Jeder - wirklich jeder Spieler, der mit dem Playstation Network verbunden ist, kann eine eigene Mission kreieren und sie dann für andere Spieler mitten im Singleplay zugänglich machen. Dargestellt durch einen grünen Punkt auf der Karte - findet man verteilt in der Stadt quasi Angebote von anderen ihre kleine Nebenmission zu spielen. Ein einfacher Levelbaukasten macht dies möglich - besonders, weil man schon vorhandene Levels editieren & somit im Handumdrehen seine eigenen erstellen kann. Dabei ist von Missionsstartort, Storytelling (eigene Texte können erstellt und dem Spieler wie in einem Point- & Klickadventure präsentiert werden - ingame-Videos gibt's aber leider nicht) & den verrücktesten Ideen durch bestimmte Trigger so gut wie alles möglich. Eine Mission mit Namen "It's raining men" zeigt lediglich wie Passanten aus dem Himmel wie Regentropfen auf den Boden knallen. Das war's - Mission zuende und dafür erntet ihr Erfahrungspunkte, welche ihr in einem Upgrademenü zu neuen Fähigkeiten umwandeln könnt. Jedenfalls gibt's auch andere Missionen, die euch eine unmenschliche Schar von Gegnern auf den Hals hetzen oder euch bestimmte Ringrennen absolvieren lassen, die unter Zeitdruck gelöst werden müssen.
Insgesamt eine Superidee so etwas einzupflegen und das Spiel dadurch eine Langzeitmotivationsnote zu verpassen - denn auch Letzteres ist allein durch die Tatsache gegeben, dass wieder zwischen Gut und Böse entschieden werden darf. Entweder minimal ingame - durch Verletzen von Passanten - oder diesmal explizit vom Spiel als Angebot: bestimmte Personen retten / beschützen oder verletzen, wie z.B. nervige Straßenmusiker wegblitzen oder entführte Zivilisten befreien.
Denn "New Marais" wird durch die hiesige Miliz ganz schön in Schach gehalten - und das alles durch einen propagierenden Dikator, irgendeinem Virus, das Menschen in Monster verwandelt und seltsame Icetroopers. Je nach Gebiet ist entweder das eine oder mehr das andere vertreten.



Das Feindrepertoire & die Upgradekiste

Ob nun die mit Feuerwaffen schießende Miliz, die relativ einfach zu erledigen ist oder Icesoldiers, die dich mit eben deren namensgebenden Eiskräften zu bekämpfen versuchen oder gar Aliens, die rabiat auf die Nahkampfvariante zurückgreifen: überall ist immer was los. Nur dann nicht mehr, sobald ihr die sich oft wiederholenden Nebenmissionen erledigt, welche beim Erfolg einen bestimmten Bereich der Karte "sicher" macht und keine bis wenige Feindaktivitäten in Zukunft vorkommen. Leider sind erstens nicht alle Missionen auf der Karte markiert (einige starten mit dem Tod vermeintlich uninteressanter Standardfeinde) und zweitens erzählen sie keine einzigartigen Substories - entweder ihr vernichtet irgendwelche Feinde oder knipst Fotos von Feinden (und tötet sie anschließend) oder killt Feinde zuerst, damit ihr an benötigte Medizinvorräte rankommt. Irgendwer von den Klonzivilisten gibt kurz und bündig einen Auftrag, ihr ballert wie verrückt und das war's. In ähnlicher Weise verlaufen auch die Hauptmissionen, sodass eine gewisse Motivation verloren geht. Übrigens sind die Trophäensymbole auch quasi alle gleich. Kein einziges hat Eigenständigkeit (außer vielleicht im Detail die Platin ;) ). Doof aber noch, dass dann die Story auch ziemlich austauschbar daherkommt: ein verrückter Diktator, der mit einer ungeheuerlichen Sache den Leuten des Städtchens ans Leder will & die langsam von Maryland hermarschierende Bestie (cool: auf der Übersichtskarte wird ein Teil der USA-Landkarte gezeigt, auf der verfolgt werden kann, wo genau die Bestie gerade ist - zum Glück ist das Spiel nicht in so und soviel Stunden zu meistern, sondern sie bewegt sich nur, sobald gewisse Hauptmissionen vorangeschritten sind. Jedenfalls bereitet sich Cole Stück für Stück auf den Kampf gegen sie vor und sammelt spezielle Splitter, die ihn stärker werden lassen. Apropros stärker und Scherben: die aus dem ersten Teil bekannten Scherbensplitter gibt's auch wieder verteilt in der Stadt: eine bestimmte Anzahl kurbelt eure "Manaanzeige" im Maximum hoch - sodass ihr mehr elektrizitätsbeanspruchende Kräfte benutzen könnt, ohne euch immer wieder an Laternen oder Stromkästen aufladen zu müssen. Denn davon gibt es wie im ersten Teil unsäglich viele - sogar eine Autobatterie gibt da was her - obwohl nach dem Leersaugen die Autos gemütlich weiterfahren. Das heilt euch übrigens auch. Dumm nur: es gibt keine Lebensenergieanzeige, die man maximieren kann. Sobald ihr angeschlagen seid, färbt sich das Bild an den Rändern des HUD zunehmend blutig bis zum Allseits-Grauton. Ihr regeneriert euch von alleine - nur saulangsam, sodass ihr schnell Energie auf Tastendruck von irgendwoher abzapfen solltet.

Nun ja - wer wie vorhin angesprochen Erfahrungspunkte fleißig sammelt, kann im jederzeit aufrufbaren Kaufmenü neue Kräfte erwerben. Sowohl welche, die von Dauer sind (50% schneller Energie abzapfen oder +1 Superangriffskapazität) als auch welche, die als Angriff zählen (Magnum-Blitzschuss, Haftblitzgranate, usw.). Später sogar einen Scherbensensor, der euch die auch weit entfernteste Scherbe per Knopfdruck anzeigt. Praktisch um alle zu sammeln. Jedenfalls ist dieser "Knopfdruck" ohne diese Zusatzfähigkeit von Anfang an verfügbar und essentiell: ein Sensor quasi, der euch auf dem Minimapausschnitt alle umliegenden Energiequellen & Scherben in der Nähe anzeigt. Ziemlich hilfreich.



The Good, The Bad & The Boredom

Wie auch schon im Vorgänger verändern euch gute und böse Entscheidungen. Nachdem ihr 2 Sidekicks - Nix, eine aufbrausende Chaostussi & Kuo, die später (ACHTUNG SPOILER) veränderte Asiatin Kuo (bekannt aus dem ersten Teil - übrigens ist Zeke auch wieder mit dabei & rückt 1x am Ende der Evil-Kampagne sogar mit großen Auswirkungen in den Vordergrund) kennenlernt, zwingen sie euch hin und wieder sich für eine der beiden Damen zu entscheiden. Und das bedeutet entweder (Achtung Wortwitz) nix Gutes oder eben kuonstante Gerechtigkeit. Die Stufen Gut und Böse sind in 3 Abschnitte unterteilt - wer immer nur Schlechtes tut, vergrößert den Evil-Grad, sodass pro Stufe mehr Fähigkeiten freigeschaltet werden, kann aber durch gute Taten sich wieder Stück für Stück "bekehren". Natürlich macht das keinen so großen Sinn, da der Weg bis zur maximalen Stufe ziemlich zeitaufwändig ist. Wer also zum Schluss bei der finalen Entscheidung super rechtschaffend ist, wird es nicht schnell genug zum Superevilbrain schaffen, um das böse Ende freischalten zu können.



Abschlussbemerkungen

Wer sich also durch den Nachfolger beißt, braucht so seine guten 8 Stunden pro Durchgang - besonders, wenn man Nebenmissionen macht bzw. alles mögliche schaffen will. Eine Woche knapp habe ich das Spiel pro Tag mehrere Stunden gespielt und zum Schluss 65% der Trophäen gehabt - weil ich mir auch Mühe für's Erfüllen der Trophäe gegeben habe - insofern sie nicht absurde & einschläfernde Anforderungen hatten.




Sonstiges:

  • inFamous 1 war 2009 der Hauptkonkurrent zum ähnlichen "Prototype" (wobei mir letzterer wegen seiner Brutalität & dem Chamäleon-Feature besonders eigenständig war & daher sehr gefiel)
  • das Spiel besitzt neben verbesserter Grafik auch endlich ingame-Zwischensequenzen auf sehr hohem Niveau, untermalt das Ganze aber noch mit den gewohnten zeichentrickartigen Standbildchenerzählungen zwischendurch
  • ihr habt einen Neuzugang als Waffe: den "Amp" - einen Elektroschlagstock - nicht gerade innovativ, der er nichts besonderes kann außer ein elektrischer Knüppel zu sein
  • ihr könnt das Spiel neu beginnen oder es vom ersten Teil fortsetzen (auf Gut oder Böse) - es bringt euch einige Vorteile in punkto Fähigkeitenausstattung (ich weiß nicht, ob es diese Optionen auch für die Leute gibt, die den ersten nicht gespielt haben... und woher die Konsole diese Information hernimmt - ich habe keinerlei Speicherstände mehr vom ersten Teil, vermutlich wird alternativ auch die Trophäenliste durchsucht... no idea)
  • bekannte Fähigkeiten wieder mit dabei: Fliegen, Blitzkugeln schießen, aus der Luft einen Bodenschlag ausführen, auf Stromleitungen grinden, "Machtschub" oder Blitzgranaten abfeuern, aber auch geschwächte Feinde am Boden Energie absaugen (Böse) oder Fesseln (Gut) bzw. Passanten heilen (Gut)
  • neue Fähigkeiten: Gegenstände in der Nähe per Telekinese durch die Gegend schmeißen; Stromleitungen an Häuserwänden (sehen aus wie normale Regenrinnen) können als Katapult nach oben genutzt werden (nicht soviel Kletterei nötig); Blitzrakten; Ionenwirbel; Ionensturm (Blitzgewitter) usw.
  • der Hauptcharakter wirkt sehr sympathisch, genauso wie seine 2 Sidekicks - die Asiatin und Zeke (der widerrum die Stimme von Sly's Kumpel Bentley (Schildkröte) aus Sucker Punch's bereits erwähnten anderen Spielereihe)
  • die deutschen Synchronstimmen sind sehr gut gelungen
  • weiteres Collectable: Audio-Logs, die an Tauben befestigt sind (die müsst ihr per Druckwelle aus der Luft zu Boden schleudern, um an den dort angebrachten USB-Stick zu kommen^^)
  • die Musikuntermalung ist auf hohem Niveau
  • was mich ebenso genervt hat: in der Not bei wenig Health fiel mir auf, dass einige ELEKTRISCHE Dinge überhaupt beim Versuch was abzuzapfen gar keine Quellen, sondern nur buntes Environment sind... Stichwort "ins Auge springend leuchtende Glühbirnen vor irgendwelchen Schaufenstern" -.-
  • dieses Mal gibt's echtes Superheldenflair mit vielen anderen... "Gleichgesinnten"

Fazit:
Leider hat inFamous 2 bei mir nicht gezündet. Das lange Hinauszögern bis ich's spielen wollte, war begründet - zu sehr befürchtete ich einen leicht veränderten Klon des Vorgängers in der Hand zu halten. Ein Spiel, das mir leider immer wieder dieselben Gegner bis zum Abwinken daherschickt, welche zwar unterschiedlich zu besiegen sind, aber beim x-ten Mal zum Routinewegarbeiten werden. Leider verlieren die wenigen Gegnertypen auch dadurch an Charme - da bringt's nichts mehr, dass Eistruppen sich blitzschnell durch die Lüfte katapultieren oder Aliens mich mit Säure spuckend sofort zu Boden knocken. Besonders nervig fand ich die hirnrissigen Raketenwerfermilizen, die sogar aus 1-Meter-Entfernung mich (& sich) in die Luft sprengen. Aber noch hirnrissiger war, dass sich der liebe Cole allein beim Herumfliegen immer sofort an jede Kante klammert und zu klettern anfangen will. Das nervt unheimlich - gerade, wenn man schnell flüchten muss. Denn ansonsten ist die Steuerung schnell & präzise - aber auch das kann den lahmenden Missionsverlauf und die dünne Story nicht ungeschehen machen. Eine OpenWorld, die einfach nicht sein musste. Mehr Liebe zum Detail & mehr Geradlinigkeit bitte - somit wird's auch mit spannenden Skriptsequenzen & einer tollen Story vielleicht (wieder) was. Sly 4 - du musst einfach so wie einst "Sly Racoon" werden, ansonsten stirbt etwas leise aus, was ein GTA III einst fasziniert gekonnt hatte - ein unverwechselbarer Meilenstein zu sein.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen