Es war einmal ein Ghibli-Märchen...
Dass mich "Ni No Kuni" über mehrere Stunden / Tage / Wochen so dermaßen vereinnahmen würde, ich zwischendurch kein anderes Spiel mehr anrühre, hätte ich beim Aufschreiben des Titels auf meinen Weihnachtswunschzettel nicht gedacht.
Relativ Marke "immer der Nase nach" steuerte ich mit der Liebe nach dem Art-Style der Studio Ghibli-Animés im Gepäck direkt nach 1-2 astreinen Pressetests und dem Wissen, dass ich es hier mit einem Final-Fantasy-bis-Teil-X-Active-Battle-System-basierten RPG zu tun bekomme, auf das Spiel zu - und ließ es mir direkt risikobereit ohne mir vorher diverse spoilernde Tests durchzulesen von meiner liebsten Weihnachtsfrau schenken.
Und ich sollte das tatsächlich nicht bereuen! Eins kann ich schon vorweg sagen: Alles, was "Ni No Kuni" macht und inhaltlich anbietet, ist genau das perfekte Messlattenrezept eines jeden Rollenspiels.
Obwohl es natürlich mit gewiss gewohnten Ghibli-Kindlichkeiten daher kommt, ist es aber kein Zuckerschlecken und auch nicht zu j-quietschig, dass man mehr mit Fremdschämen als spielen beschäftigt ist.
Für die Entwicklung zeichnet sich "Level 5", die unter anderem an "White Knight Chronicles" mit- und gänzlich an "Dragon Quest VIII" gearbeitet haben. Wie schon vorhin erwähnt, erschuf Ghibli die zwischendurch hin und wieder eingestreuten reinen Animésequenzen, zeichnet sich aber auch für den allgemeinen Cel-Shade- & Monster-Look und der allg. Fantasy-Welt verantwortlich.
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Der erst 13 Jahre junge "Oliver" ist unser Protagonist, der in der fiktiven Stadt Motorville lebt. Bei einer beinahen Verunglückung Oliver's durch ein waghalsiges Manöver mit einer mit seinem Kumpel selbst gebauten Karre, rettet ihm seine Mutter gerade noch so das Leben - um dann dafür selbst das Zeitliche zu segnen. Oliver, der scheinbar keinen Vater als Ersatzvormund hat und untröstlich ist, bekommt doch einen Hoffnungsschimmer als seine liebste Spielpuppe lebendig wird, sich als Fee namens "Tröpfchen" vorstellt und von einer Parallelwelt erzählt, in der Seelenverwandte zu Oliver's Welt leben.
Das heißt natürlich, dass da auch eine zweite Mama auf ihn wartet - dumm nur, dass natürlich ein böses Wesen sein Unwesen treibt - und Oli als Auserwählter darf nun zusätzlich noch seine Bestimmung erfüllen - und bekommt hoffentlich damit auch seine Mutter zurück.
Wer schon "Mama" liest, kann davon ausgehen, dass Oli zwar sehr viel Herz mitbringt und sich von einem sehr schüchternen Jungen zu einem starken Zauberer wandelt, aber mit wirklichen Liebesgeschichten ist hier leider nicht zu rechnen. Oli ist und bleibt über das ganze Spiel 13 - es gibt keine Zeitsprünge oder Ähnliches. Als kleinen ersten (und eine der wenigen) Kritikpunkt(e) habe ich hier zumindest eine wie sonst so typische Romanze vermisst. Ich meine: Der gottverdammte Knirps haut hier einfach mal den ganzen fiesen Strippenziehern so richtig auf's Fressbrett - und was er dafür bekommt, ist seine Mama?
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Große Welt, langsamer Einstieg = Genau richtig! // via |
So werdet ihr nie überladen und seid erst einmal beschäftigt euch mit EINER Sache vertraut zu machen. Viel besser als so manche Genrevertreter, die entweder gar nichts oder ganz viel zu spruchten haben - da kommen dann Textlawinen gatlingartig rausgeballert, unformatiert und ungeniert bildschirmfüllend.
Ganz nach dem Motto: "Bura bura bura bura - so, jetzt wisst ihr alles und könnt's perfekt anwenden. Ja? Nein? Ja? Nein? EgaltschüssundvielSpaß!".
Ich wusste gleich am Anfang schon: Das Spiel mag mich. Unter anderem, weil es mir mitgeteilt hat, dass ich JEDERZEIT im Spiel den Schwierigkeitsgrad von "Normal" auf "Leicht" herunter- (und gegf. auch wieder herauf) regeln kann. Nach dem schwulen "Kingdom Hearts Utz Utz Utz 1.5 HAA-DEEH RmX (to the MAX ... Max..... max.......... max ....)" und dem story- und koppelverwirrenden "Final Fantasy VIII" (da gab's erst Recht GAR keine Einstellungsmöglichkeit → Go and fuck yourself "Active Battle System"!) ist das hier mal eine benutzerfreundliche und willkommene Abwechslung.
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Leider bricht das anfänglich hohe Aufkommen dieser Sequenzen ab Betreten der fremden Welt immer stärker ab, sodass wir quasi ab dann nur noch welche beim ersten Betreten der 3 Großstädte erblicken können und ab dann nur noch zum Finale.
Das ist einfach nur richtig inkonsistent und Fans-im-Stich-lassend umgesetzt worden, dass ich hier meinen zweiten, aber nun doch schon deutlich fetteren Minuspunkt aussprechen muss.
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Ni No Kuni könnt ihr euch grob im Grunde genommen wie ein "Pokémon" in "anders" vorstellen. Ihr rennt erst allein, später maximal zu dritt durch die Welt - und spurtet wie in FF auch über eine Weltkarte - steuert Städte oder Dungeons an, die auf eurer Karte größtenteils verzeichnet sind. Erst seid ihr zu Fuß unterwegs, später auf See und schließlich auch zu Luft - man kennt das ja. Via den ersten beiden genannten Fortbewegungsmethoden sehen wir immer direkt die Monster auf der Karte rumlaufen. Diese bewegen sich in einem kleinen Areal selbstständig. Je nachdem, ob wir stärker oder gleichstark / schwächer oder die Viechrasse einfach tollwütig ist, greift sie bei Sichtung direkt an oder flüchtet schon im Vorfeld.
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Oben links sehen wir unsere Zauberer, die jeweils ihre aktiven Begleiter rechts daneben stehen haben, zu denen wir jederzeit im Kampf wechseln und sie selbst steuern können (statt Grundtaktiken der KI mitzuteilen). Unten am Bildschirmrand sieht man die in Sprechblasen gehaltenen Befehle, die nach Ausführung oder Abbruch eine kurze Wartezeit zum Wiedereinsatz erfordern. Die Sprechblasen über den Feinden zeigen seine bevorstehenden Angriffe. // via |
Erst dann - und nur dann - wird FF-typisch die Sub-Kampfarena aufgerufen - zusätzlich Monster können also nicht ins Kampfgeschehen kommen. Auf der Oberkarte sehen wir zwar immer nur ein Monster, doch spätestens ab der Wüste verbergen sich dahinter immer mehr - und nicht nur das auf der Oberkarte ersichtliche. Die zusätzlichen werden zufällig bestimmt.
Anschließend können wir - immer noch in aller Ruhe - bestimmen, ob wir selbst in den Kampf springen oder unsere Monster-Begleiter. Diese können wir nach dem Besiegen bezirzen (Option erscheint zufällig) und somit einfangen, selbst einsetzen, Stufenupgrades durch EXP verdienen und ab bestimmten Punkten dann über die Evolutionsleiter jagen.
Im Kampf wählen wir aber meist unseren Begleiter, der sowohl eine spezielle Ausrüstung hat (Angriffswaffe, Panzerung, Schmuck) als auch einer speziellen Rasse angehört, die gegen Typ XYZ natürlich Vor- oder Nachteile hat und allg. vllt besser im Nah- als im Magiekampf ist. Die Begleiter können nur eine bestimmte Zeit im Kampf bleiben und müssen danach ausgetauscht werden oder wir switchen einfach zu Oli selbst zurück - hier ist also auch ein taktisches Element mit integriert worden.
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Hier ist also in Kombination mit der Umgebung / den dazugehörigen Gegnern (Wasser-betonte Monster natürlich mehr auf See, Feuer-betonte mehr beim Vulkan, usw.) immer die richtige Wahl und entsprechende Vorbereitungen zu treffen. So sollten wir dem Zaubernden immer die Monster zuordnen, die er gut beherrscht und die Monster fleißig mit Items ausstatten, schön hochleveln und in die nächste Evolutionsstufe hüpfen lassen.
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Hier füttern wir unseren kleinen Recken mit Leckerbissen. Wer sein Lieblingsessen herausfindet und ihn fortan nur damit füttert, macht ihn in seiner Begabung nur noch viel viel stärker! // via |
Toll: Nach dem Kampf kriegt immer die GESAMTE Truppe, also ALLE anwesenden Viecher und Zauberer die volle Anzahl EXP - auch wenn Monster XYZ gar nicht mitgekämpft hat.
Irgendwas oder irgendwer levelt also immer irgendwie auf. Dauererfolg ist also garantiert und es ist ebenso sinnvoll immer eine voll anwesende Party zu haben - vor allen Dingen, wenn die Lieblingsviecher pro Level-Up nur noch 1 Punkt (wenn überhaupt) auf ihre Attribute addiert kriegen.
Zumal wir neben besonderen Wettkämpfen auch viele Orte entdecken, geheime Kisten aufspüren, im Kasino stundenlang spielen oder zig Nebenquests erfüllen können, die allerlei verschiedene Aufgaben beinhalten - von klassischen ("Fange mir Pokémon XYZ") bis hin zu ("Ich habe mein Reisetagebuch vergessen - es liegt glaube hier und dort."), aber auch einzigartige Zwischenbosse als sogenannte "Monsterjagden" anbieten.
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Leider ein wenig zu oft als Nebenmission vertreten, ist das "Zerbrochene Herz"-Wiederherstellen. Einige Menschen sind leicht depressiv und wir müssen die richtige Kraft (Liebe, Mut, Hoffnung, Enthusiasmus, etc.) magisch überreichen. // via |
Zusätzlich zu den dadurch verdienbaren Sonderitems und Sonderkohle, gibt's Stempel für unsere Stempelkarten. Das verhält sich wie bei den Aktionswochen bei Penny oder dem geliebten Dönerladen um die Ecke: Stempelkarte vollmachen und Preis gewinnen. Aus einer Liste kann man sich dann wirklich sehr nützliche Dinge wie "Höhere Chancen auf fangbare Viecher" oder "Mehr EXP durch Kämpfe" verdienen.
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Man kann - wir ihr sicherlich jetzt besser nachvollziehen könnt - einfach nicht aufhören zu spielen - vor allen Dingen, weil die Kämpfe durch die eigene Bewegung und minimale Rundenbasiertheit auch recht dynamisch beeinflussbar sind und einfach schnell von statten gehen. So laufen wir im Kampf um den Feind herum oder von ihm weg - sammeln durch Spezialmanöver auftauchende Lebens-, Mana- oder Superkugeln auf, mit denen wir einen taktischen Vorteil erhalten. Dazu kommt, dass Fight-In- und -Outro durch Knopfdrücke rasanter wegdrückbar sind als bei Final Fantasy. Es ist ehrlich gesagt zum KOTZEN, wenn ich mir dort 20000000x wiederholt das Auftauchen der Guardian Force "Shiva" bis zum bitteren Ende (nach 20 Sekunden) reinziehen muss. Alter, verdammte Hacke - da sollten vielleicht mathematisch wichtige Formeln erscheinen, die sich dann der sinnvollerweise in mein Gehirn einbrennen - aber nicht diese Spielzeit-streckenden Zwangssequenzen. Aber hey - genau da zeigt "Ni No Kuni", wie der leibhaftige Meister, dem anderen Konkurrenten den nackten Arsch und stellt Spielspaß und Spielbarkeit an vorderster Stelle.
Richtig so!
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Das Ding als Original ausgedruckt zu haben, wäre für jeden Fan ein wahr gewordener feuchter Traum.
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Fazit:
Mit einer Spielzeit von vielen, vielen Stunden im zweistelligen Bereich überzeugt "Ni No Kuni" auf ganzer Linie: Der Suchtfaktor ist da, es gibt immer etwas zu tun / zu sammeln / zu erforschen, die Welt ist äußerst hübsch aufgebaut, die Charaktere Ghibli-typisch toll umgesetzt - genau wie die Story und auch die Benutzerfreundlichkeit in Sachen Einstellungen (Schwierigkeitsgrad, Sprache) und Einflussnahme im Ablauf der Kämpfe sowie die Entwicklung der Kreaturen ist einfach nur auf höchstem Niveau gelungen. Ca. 30 € für so einen Krachertitel auszugeben und als Gegenleistung das verhältnismäßig 100-fache zu erhalten, ist doch ein Angebot, den man nicht ablehnen kann, gell? Also: KAUFEN!
Bis auf die leider nicht so oft wie gewünscht auftretenden astreinen Animésequenzen und der fehlenden Romanze gibt's hier quasi nichts zu bemängeln. Supertoll!
na toll.
AntwortenLöschenDank dir muss ich mir jetzt eine PS3 und dieses Spiel kaufen. Zum Glück gibts die ja bald hoffentlich zu einem guten Preis ^^
Super Beitrag! Hat Spaß gemacht ihn zu lesen, ich liebe die Ghibli Filme und dein Beitrag macht Lust auf mehr.
Lg
Lia
Moin liebe Lia,
Löschendanke für deinen Kommentar - freut mich, dass ich dir das tolle Spiel schmackhaft machen konnte - beim Kauf der PS3 solltest du aufpassen, dass du die richtige "Slim"-Variante (und zwar die ältere - so gegen 2010) erwirbst und nicht die von 2012 / 2013 mit Billig-Plaste-BluRay-Klappfach und Mini-SSD als Laufwerk (normale SATA-HDD reicht da völlig aus). Da du ja noch keine PS3 besitzt, wartet da ja noch ein vollkommen krass gigantisches Spektrum an guten Exklusiv-Titeln auf dich. :) (Uncharted, Red Dead Redemption, usw.)
Konsolen der LastGen am Anfang einer neuen Gen zum niedrigen Preis zu kaufen, ist immer eine tolle Idee!
Freundliche Grüße
Master Pats
Dammit! Das heißt wohl eine PS3 für mich! Ich habe schon lange mit dem Gedanken gespielt und schon so viel über das Spiel gehört! Wunderbar, wenn man das ganze nochmal ordentlich in einem schönen Post dargeboten bekommt! Danke dafür!
AntwortenLöschenAllein wenn ich schon "Ghibli" höre ... so schöne Erinnerungen! Prinzessin Mononoke, Totoro, Chihiro!
Es gibt wirklich so einige wunderbare Konzerne, die einem eine schöne Zeit bieten können. ♥
Liebste Grüße!
http://tinplane.blogspot.de/
Absolut großartiges Spiel. Hat mich auch für ca. 100 Stunden völlig vereinnahmt. Da mußte auch die Platintrophäe her.
AntwortenLöschenGratulation! :) Ich habe die auch angestrebt, aber wenn ich hab derzeit Problem bei der S-Klasse vom Solomon-Tempel (müsste den Dino oder andere ganz bestimmte Viecher einsammeln und trainieren) und auch die letzte Sammelquest (Alchemiekrims vom alten Sack aus der Höhle) zieht sich hin. ^__^
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