Das gebannte Fiebern
Da trifft mich doch der Schlag - so plötzlich aus dem Nichts taucht "The Banner Saga" Mitte Januar auf Steam auf, kostet zwar aktuell verhältnismäßig noch ca. 24 € - und damit ca. 10 € zu viel, aber reißt mich nach dem Einkauf doch direkt und unvermittelt aus den Socken.
Auf ein rundenbasiertes Taktik-Fantasy-Spiel habe ich schon seit geraumer Zeit wieder Bock, aber dass es - gerade aufgrund seiner Schlichtheit so einschlägt wie ein Hammer - hätte ich nicht erwartet.
Hintergrund: "Stoic" ist das neu gegründete Entwicklerstudio (oder sagen wir "Entwicklerprojekt"), das exakt 3 Ex-Mannen (nicht mehr und nicht weniger) von BioWare nach Star Wars The Old Republic aufgestellt haben und auch derzeit in genau dieser minimalen Besatzung betreiben.
Hört sich doch fast nach den guten alten Zeiten (Mitte 80er, 90er) an, wo kleine Entwicklerteams auf die Welle der Homecomputer aufsprangen und mit allerlei Fitness im Hirn und genialen Ideen in absoluter Unterbesetzung, mit grenzenlos viel Zeit und ohne in die Suppe spuckenden Publishern / Chefs locker luftig ihren eigenen Kram produzieren konnten.
Solche Story-Moment-Panels sind die Seltenheit. Es gibt 1 animiertes Comic-Intro und das war's. |
The Banner Saga überzeugt aufgrund dieser Tatsache gleich mit 2 Elementen:
- Der grafisch übelst detailreiche Comicstil weiß nicht nur seine zeichnerische Eigenheit auf- und generell zu gefallen, sondern lässt einen nur vor Respekt der Leistung der drei in die Knie gehen. Detailreichtum wird hier überall geboten.
- Schlichtheit zieht sich durch das gesamte Spiel: Die Grundregeln sind sehr einfach zu erlernen (, aber das Spiel äußerst schwierig zu meistern), die managebaren Optionen der eigenen Truppe sind auf's Mindeste reduziert und Cutscenes oder Sprachausgabe gibt's erst gar nicht. PlainText und Textfenster, die tragische oder allg. spannende Ereignisse beschreiben anstatt zu zeigen, herrschen vor. Kleiner Hinweis am Rande: Das Spiel ist derzeit nur in (anspruchsvollem) Englisch verfügbar - erscheint aber planmäßig im März auf Deutsch.
Mit Rook und seinen Gefolgsleuten reisen wir von Ost nach West... |
Das Spiel läuft grundsätzlich so ab, dass ihr storytechnisch in der Gesamtspiellänge von ca. 8 Stunden immer wieder zwischen Reisegruppen automatisch - je nach Fortschritt - wechselt, die in einer gigantischen Welt weit voneinander entfernt sind. Der Wechsel folgt automatisch. Auf der einen Seite steuert ihr ein paar Wikinger und ihre Varls, auf der anderen den Menschenvater Rook und seine Tochter / Bogenschützin Alette. Die Sonne steht still und eigenartige Steinmonster greifen an. Das ist alles was ihr über die Story wissen müsst. Als Gesamtes ist die Geschichte auch nicht besonders der Rede wert - es sind eher die einzelnen Gegebenheiten und Schicksale, die die Atmosphäre und das Spielgefühl steigern.
Bevor ich euch aber das Kampfgameplay erkläre, widme ich mich den Inhalten, die sonst so vorherrschen. Generell bewegt sich Karawane 1 von links nach rechts und Karawane 2 von rechts nach links. Die Richtung könnt ihr in der 2D-Welt nicht bestimmen - aber wohl eine Menge andere Dinge.
Die Karawane enthält auf beiden Seiten eine bestimmte Anzahl an Klanführern, Kriegern und Varls. Dazu kommen "Renown"-Punkte, die euch zum Einkauf von Nahrungsmitteln, aber auch zum Einkauf von Stufenaufstiegen und magischen Items dienen. Diese verdient ihr durch vorbildliche Taten oder getöteten Feinden. Am Wichtigsten sind aber mit die "Vorräte" / Nahrungsmittel. Pro Tag verliert ihr von der Anzahl genau eine. Auf der Reise können aber Zufallsbegegnungen und verkehrte Entscheidungen dazu führen, dass ihr beklaut werdet, ein Wagen Feuer fängt oder den Abhang herunter stürzt - oder ihr durch Gutmütigkeit anderen etwas abgegeben oder außerplanmäßig Rast gemacht habt.
Sinkt die Anzahl auf 0, stirbt tagtäglich eine bestimmte Anzahl an Gefolgsleuten und eure allg. Kampfaussichten werden schlechter - eine aber direkte Auswirkung seht ihr nicht im eigentlichen Sinne. Ich habe diesen Fall auch nur sehr wenige Male gehabt und vermute, dass mehr Feinde in den Kämpfen auftauchen oder andere Malusse drin vorkommen.
Auch die Stimmung eurer Truppe kann fallen - und dann habt ihr weniger Spezialpunkte im Kampf zur Verfügung.
Supplies könnt ihr nur in Städten auf Marketplaces kaufen - und wenn einmal die Stadt verlassen wurde, kommt so schnell keiner. Der Einkauf muss also wohl überlegt sein - mit Risikoberechnung des zukünftig Ungewissen. Rast machen könnt ihr immer, um Helden aufzuwerten oder durch Schlaf und Ruhe die allg. Freude zu verbessern.
Schwierig ist aber immer die Renown-Punkte zu vergeben. Welche Helden wertet ihr auf? Passt ihr auf, dass ihr nicht zu viel aufwertet und dafür noch was extra übrig für Supplies habt? Schwierig ist auch, dass man zwar sieht wie viel man einkauft, aber nicht direkt für wie viel Tage es ausreicht. Denn umso mehr Männer ihr in der Mannschaft habt, umso mehr wird auch an Nahrung gebraucht - vermute ich zumindest.
Immer wieder - und das ist gerade das Spannende - kommen Zufallssituationen, die bei multiplen Entscheidungsmöglichkeiten euren Sinn für das Richtige verlangen - aber manchmal ist das Richtige auch nicht das Offensichtliche oder der Zufall meint es nicht gut mit euch und auf einmal führt ein einziger Klick zum Tod eines (möglicherweise bereits gelevelten) Helden. So rollt auf einmal unser Wagen mit Vorräten auf die Klippe zu - was tun?
Wir schicken unseren Varl-Krieger hin, um ihn zu stoppen - er kann ihn zwar zunächst halten, rutscht aber immer weiter im Schnee Richtung Kante weg... Was nun?
Wir stürzen uns nun selbst aufopferungsvoll in seine Richtung und wollen helfen - doch dann passiert das Unerwartete ... und ehe wir da sind, stürzt er in die Tiefe, liegt regungslos mit deformiert angeordneten Gliedmaßen am tiefsten Punkt der Schlucht... Was nun? Wir schicken natürlich jemanden zum Abseilen runter, doch dieser kann nichts machen - der Held ist tot, die Vorräte im Tal des Todes gefangen. Unser Späher kommt wieder hoch. Wir haben Zeit verloren. Schweren Mutes geht's weiter.
Ein altes verlassenes Häuschen hätte uns Schutz für eine Nacht geboten - doch die Entscheidung sich darauf einzulassen, sollte ich bitter bereuen... |
Oder ein ständig betrunkener Depp macht's unserer Karawane schwer, trampelt über Nachtlager / Zelte, entfacht den Zorn der Anderen. Was tun? Verbannen, verprügeln, Exempel oder ihn privat beiseite ziehen? Ein direkter Hinweis im gut Gemeinten muss für's Erste reichen, dachte ich mir. Doch am nächsten Tag ist er wieder sturzbesoffen - hat angeblich Feinde gesehen, wühlt des Gemüt der Frauen, Kinder ... und deren Krieger auf... doch seine Warnung stellt sich als Irrtum heraus. Keine Feinde da. Was nun?
Das Spiel führt uns immer wieder an solche Stellen. Und was bei einer bevorstehenden Schlacht machen? Voll rein? Höchste Defense oder sogar Flucht?
Die Beschreibung der Texte ist intensiv und das Bild von dem, was passiert, generieren wir in unserem Kopf - bei jedem anders, aber genau so wie wir wollen. Die Geschichte ist genau deshalb einfach nur fantastisch in Szene gesetzt - wie ein Buch eben. Doch worum geht's im Kampfgameplay genau?
Bevor wir einen Kampf beginnen, haben wir hoffentlich unsere Charaktere schön geupgradet (sofern möglich), mit Statusboni-Items ausgestattet (geht nur in ruhigen Phasen, nicht direkt vor dem Kampf). Wenn all das erfolgt ist, entscheiden wir uns für die Reihenfolge unserer begrenzten Helden im Kampfareal. Zwar beeinflusst die Betäubung eines Helden diese Reihenfolge dynamisch, aber grundsätzlich ist es gut Bogenschützen als Erstes dran zu lassen, sodass der erste Fernschuss gleich einen Feind mit in den Tod reißt.
Aber Vorsicht: Stirbt ein Charakter im Kampf, ist er tot. Augenblicklich, endgültig, unwiderruflich. Da gibt's kein Geklimper, kein Geseufze während des Kampfes - einfach nur den Tod und das war's. Entsprechend verändert sich auch die Story und zukünftige Fights werden automatisch viel schwieriger.
Jeder Held hat seinen eigenen Special Move, den er, wenn er an der Reihe ist, ausführen kann - der Zauberer sorgt für Rüstungsregeneration oder Blitze, Rook markiert Beute, der dicke Varl stürmt vor oder zieht die Angriffslust auf sich.
Interessant ist aber das Grundkonzept: Jeder hat auf dem Schlachtfeld eine bestimmte Anzahl an Rüstungs-, Lebens- und Willenspunkten.
Habt ihr wenig Rüstung, sind Schläge in Richtung eurer Lebensenergie gefährlicher, ziehen mehr ab und ihr seid schnell im Eimer.
Genau dasselbe gilt auch für den Feind. Sagen wir Steinmetzemonster #1 hat 12 Rüstung und 10 Leben. Mit unserem dicken Varl sind wir ihm ebenbürtig (Charaktere mit geringeren Werten im Vergleich zu denen des Feindes, kriegen allgemein mehr Schaden ab) und haben jetzt die Qual der Wahl - entweder 2 Rüstung (plus 1 Willenspunkte, um den Angriff zu verstärken) = also 3 Rüstung abziehen und dafür den nächsten Angriff auf seine Lebensenergie zu erhöhen. Denn im Moment würde ein Angriff auf seine Lebensenergie dank Rüstungswerte = hoch recht niedrig (2 Schaden) ausrichten. Aber beim nächsten dann vllt 4 - oder 5.
Obwohl wir zahlenmäßig unterlegen sind, reicht die Stärke und unser taktisches Geschick aus uns dem Feind zu stellen. |
Ihr müsst also genau planen wer als nächstes dran ist, in Reichweite ist und helfen kann - oder wie ihr allgemein eure Figuren bewegt. Bewege ich diesen, kann mir 2 Züge später der da hinten helfen - ich bereite den Gegner jetzt mit Rüstungsschaden für den anderen vor. Welchen töte ich zuerst? Welchen später? Gehe ich auf den Gegner zu ohne ihn zu erreichen oder warte ich auf ihn?
Unten links kann man jederzeit sehen welcher Freund und welcher Feind als nächstes dran ist.
Besonders hervorzuheben, ist die Tatsache, dass der Gegner sich auch gerne die Schwächsten in Reichweite aussucht - die zwar weiter weg als der Angreifer von eben, aber möglicherweise mit einem Schlag zu killen sind.
Wenn euer Held dann abschmiert, könnt ihr gleich neu laden - und zwar einen Autosave. Denn selbst saven gibt's hier nicht. Was den schon auf "Leicht" sehr herausfordernden Schwierigkeitsgrad heftig hoch schraubt. Den letzten Fight hatte ich ohne Cheats nicht geschafft. Ihr werdet sehen und erkennen, warum.
Natürlich kann man dem Spiel die eingeschränkte Bewegungsfreiheit, den heftigen Schwierigkeitsgrad und den Preis als negativ anrechnen, aber angesichts der DEV-Mannstärke, der starken Atmo und den spannenden, gut durchdachten Kämpfen ist das Spiel dennoch (bei Vergünstigung) eindeutig zu empfehlen!
Abseits dessen eine interessante aktuelle Trivia zum Spiel:
Quelle:
King.com, der Hersteller des Social- und Mobile-Games Candy Crush Saga (neben Bubble Witch Saga, Pet Rescue Saga und Farm Heroes Saga) hat scheinbar schneller einen Patentantrag für das Wort "Saga" abgegeben als Stoic es mit "The Banner Saga" hätte tun können. Neben "Candy" besitzen die abgefuckten, albernen Leute von King.com nun - meiner Meinung nach - ebenso Rechte an einem anderen normalen Wort aus dem englischen Wörterbuch - "Saga" eben.
Ich persönlich halte es für höchst fragwürdig, dass solche Schmierengesichter mit ihrer penetranten Kleinkariertheit auch bei offiziellen Patentämtern Erfolge verbuchen können. Wörter wie "and", "but" und "shit" kann ich mir - aus meiner Logik heraus - bestimmt nirgends markenrechtlich sichern lassen. Wenn man zu doof ist hier einen eigenen einzigartigen Namen als Ganzes zu sichern, sondern lieber auf ein Element dieser Wortgruppe setzt, dann gehört man einfach vernichtet, verhaftet und vergewaltigt - in beliebiger, endloser Reihenfolge.
Wenn ich schon das hier lese: "Social- und Mobile-Games", dann sollte das Unternehmen eigentlich vor ehemaligen BioWare-lern in die Knie gehen und Ehrfurcht zeigen. Die Bumsebienen haben es vielleicht gerade mal in den letzten 2 Jahren zu 5 Flash-zusammengefrickelten Beschäftigungsspielchen auf Wimmelbildniveau geschafft... "Social- und Mobile-Games" sind Bahn und Wartezimmer-Unterhaltungen, mehr nicht. Vielleicht zocken noch Mütter mit Smartphones so was und fühlen sich dann als Hardcore-Gamer, aber dass sich solche Unternehmen überhaupt aufzumucken wagen ... nein, ernsthaft von gerichtlichen Mitteln Gebrauch machen (würden), ist ein Armutszeugnis.
Und falls die Frage auftaucht: Nein, in meinem MasterPats-Staat gibt's keine Gleichberechtigung. Potenzielle Eintagsfliegen dürfen die Klatsche küssen. Beißen oder gebissen werden? Wie wär's mit auffressen? ;)
Fazit:
Für alle Fantasy-Fans von rundenbasierten Games geeignet - Atmosphäre, Grafikstil und Herausforderung ist bei dem genialen Konzept definitiv geboten!
das Spiel hat mich gestern bei Steam auch angeschrien es zu kaufen.
AntwortenLöschenFinanziell leider momentan nicht drin ^^
und ich muss sagen... irgendwie erinnert mich der Zeichenstil an Disney-Klassiker wie Dornröschen und Die Hexe und der Zauberer :D
Mal schauen, vielleicht hol ich mir des dann im März.
Sieht auf jeden Fall gut aus und liest sich gut :D
Lg
Lia
Du wirst lachen: Inspiration für den Artstyle war tatsächlich Dornröschen (Sleeping Beauty) von Disney. :)
LöschenFreut mich, dass ich dich begeistern konnte und vielen Dank für deinen netten Kommentar, Lia! :)
Master Pats
Sehr guter, informativer Test, mein Freund!
AntwortenLöschenIrgendwann, wenn ich mal Zeit haben sollte, hol ich mir das Teil auch - soviel ist sicher!
Vielen Dank für dein Feedback, mien Jong! :)
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