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Freitag, 9. September 2011

Gatling Gears




Oldschool fetzt

Anno 2011 - dank immer leichter werdenden Möglichkeiten für kleine Entwicklungsunternehmen im Gamingbereich sind wir zu Dank verpflichtet, dass häufig Spiele mit längst vergessenen Spielprinzipien oder sauguten Ideen ohne viel PR-Gedöns und spaßbremsenden Schnickschnack auf Plattformen wie dem AppStore, PSN oder Steam erscheinen.
Gatling Gears ist ein perlenbesetzter Geheimtipptitel unter ihnen - soviel schonmal dazu.
Das noch unbekannte Entwicklerteam "Vanguard Games" hat das Spiel entworfen, vertrieben wird es namhaft durch EA. Aber überall, wo EA draufsteht, ist meist auch gewohnter Fließbandmainstreamshit drin. Schließlich bin ich mir sicher, dass die Vögel maßgeblich für den Misserfolg und schlechte Designentscheidungen von "Brütal Legend" (Double Fine, Tim Schafer) verantwortlich waren.
Von "Need for Speed" über die Jahre (Ausnahme "Hot Pursuit"-Restart von 2010) bis hin zu jährlichen Mikrobenupdates von FIFA und EA-Sports-Co.
Doch Lichtblicke wie "Gatling Gears" lassen mich das direkt wieder vergessen: für gerade mal ca. 10 € bekommt man hier einen COOP-fähigen und allein im Solomode schon viel Laune bringenden Top Down Shooter, der obendrein noch ungewöhnlich lang für ein Indiespiel dieser Art ist.



Herr Geschichte macht gerade Urlaub


Ihr seid Max, ein ganz normaler Mensch in einem ganz normal fiktiven Steampunk-Industriezeitalter. Besonders krass in die Zukunft gesetzt ist das Universum nicht, doch ein Schutzplasmaschild hier oder Unsichtbarkeitsfähigkeiten dort gibt es wohl schon. Ansonsten holt die umwerfend hübsch detaillierte Umgebung (Wald, Wüste, Eislandschaft, Palastgärten, Industrielandschaft) in butterweicher Grafik euch immer wieder ins Jetzt zurück.
Jedenfalls dient Max der Armee eines dicken Generals. Im Prolog seid ihr noch für ihn unterwegs und kämpft gegen irgendwelche Rebellen - ihr schaltet sie über mehrere Level aus und besiegt den standardmäßig in den 6 Kapiteln zum Schluss auftauchenden Endboss aus. Danach meint der General, dass ihr das Dorf mit unschuldigen Einwohnern dahinter auslöschen sollt, doch ihr setzt euch zur Wehr und geht in den Urlaub.
Als dann aber Roboter die Ruhe stören, findet ihr heraus, dass der General keine guten Absichten pflegt und ihr stellt euch gegen ihn. Die Menschheit ist bedroht, bla bla - die Story ist quasi nicht vorhanden. Grund: zwischen den Kapiteln (nicht zwischen deren nahtlos ineinander laufende Unterlevel) bekommt ihr 1 Ladebildschirm, der 1 Satz zum Storyfortgang sagt. Zwischendurch kommt höchstens in jedem dritten Level ein kurzer Austausch von 1 Satz zwischen Max und einer Tussi zustande, das war's. Schon recht peinliche Darstellung, aber irgendwie passt's. Ohne Story wär's zu öde und zuviel Gequatsche passt eh nicht rein: also - der perfekte Spagat.



Mit 4 Waffen gegen den Rest der Welt

Zurück zu Max: ihn spielt ihr nie auf 2 Beinen, jedenfalls nicht auf seinen. Er ist Steuermann eines Zweibeiner-Mechs, den ihr aus der Vogelperspektive seht. Die Kamera kann nicht gedreht oder gekippt werden - und es gibt immer nur 1 Weg. Die Kamera bewegt sich nur dahin, wo es lang geht, zurück könnt ihr nicht. Unsichtbare Wände gibt es auch - doch habt ihr keinen Druck von der Kamera, dass sie sich die ganze Zeit bewegt und euch durch die Levels scheucht.
Gesteuert wird mit WASD, ganz normal - und gezielt mit der Maus. Mit Linksklick geht die Gatling los, Rechtsklick eine Rakete, Leertaste der Mörser und mit Shift der Flächenschock (quasi die Atombombe, um alles auf dem Bildschirm wegzuballern).
Das Besondere: all eure Munition ist quasi unendlich. Bis auf den Schocker: den könnt ihr nur einmal pro Unterlevel einsetzen. Am Ende jeden Levels erwartet euch immer ein dickes Gemetzel, am Ende jedes Kapitels sogar ein in drei Stufen unterteilter, richtig heftiger & ziemlich cooler Gigantogegner. Toll: oldschoolig hat der auch seine Lebensbalken.
Jedenfalls könnt ihr mit der Gatling immer schießen, kein Überhitzen. Die Raketen füllen sich nach einer Pause auf - genauso wie der Mörser. Alle 3 normalen Waffen lassen sich plus der eigenen Panzerung in 4 Stufen aufrüsten - durch pro Level jeweils meist 3x zu findende Upgradeteile. Im Spiel sind auch insgesamt zuviel vorhanden, sodass man im Ernstfall ruhig mal eins vergessen kann.
Aufrüsten geht übrigens nur im Shop am Anfang jedes Unterlevels. Dort kann auch - je nach Benotung deines Könnens (wenig gestorben, viel abgeballert) und dadurch erreichten Levels - der eigene Mech-Skin, ein Bewegungseffekt und ein tierischer Begleiter wie z.B. ein Fuchs ausgewählt werden. Bringen tut das quasi garnichts, außer Freude.



Fungrenades

Da rennt ihr nun also vollbepackt durch die Levels mit ihren schönen, auch sich durch Trigger teils direkt verabschiedende lebendig-wirkende Welt: Bäume knicken bei Berührung um, im Hintergrund werden Klippen mit ganzen Wohnkolonien weggesprengt - großartig anzusehen. Der Feind ist meist in Form von normalen oder heftigeren Panzern unterwegs, manchmal auch zu Fuß als Scharfschütze oder Raketenwerfer oder andere Maschinen, die dich kurzweilig festhalten, Minen abwerfen oder stationäre Türme sind mit von der Partie. Verfolgende Rakten beispielsweise lassen sich abschießen - alle normalen durch dicke rote Kugeln dargestellten Schüsse nicht. Manuell abwehren könnt ihr genauso wenig wie springen. Ein bewusster und kluger Einsatz der Raketen und Mörser wird definitiv trainiert. Denn auf "Mittel" habe ich mich kein zweites Mal an dem vorletzten und letzten Level rangewagt.
Pro Schwierigkeitsgrad habt ihr nämlich entweder 1, 2 oder 3 Leben zur Verfügung. Verliert ihr eins, werden eure Punkte zurückgesetzt (dadurch kriegt ihr am Ende weniger EXP und somit weniger nutzlose Zusatzstyleoptionen). Checkpoints gibt es nicht - ein Unterlevel ist ein Unterlevel. Wer Game Over ist, muss den von vorn beginnen.
Übrigens: manchmal explodiert bei dem Spiel so unglaublich viel, dass man garnicht mehr weiß wo man selbst ist oder die verbliebenen Gegner sind. Die Umgebung lässt sich zerstören, was aber leider keine Vorteile bringt außer hin und wieder ein paar Zahnrädchen. Die lassen die Gegner und Gebäude fallen, die bringen einen hohen Punktecounter und somit EXP. Somit schließt sich auch da der Kreis.
Was die Taktik angeht, muss nicht nur beim Einsatz der verschiedenen Waffen geschickt vorgegangen werden, sondern auch beim Einsammeln der Instant-PowerUps. Manchmal liegen sie rum und bringen kurzzeitig Unverwundbarkeit oder extreme Schadenssteigerung von 1 der 3 Waffen. Dies kann überlebenswichtig werden und ist nicht nur nettes Abräumbeiwerk.




Sonstiges:

  • das Spiel ist komplett unblutig
  • ihr könnt nirgends runterfallen
  • das Game geht im COOP-Modus, entweder "couchlokal" oder online
  • eure Waffen haben jeweils ihr eigenes Knöpfchen - man muss also nicht kompliziert umherswitchen
  • jedes verbaute Upgrade, lässt sich wieder abschrauben & die EXP zurückgewinnen (nichts ist dazu erforderlich außer ein Besuch im Shop) - da ihr aber bis zum Endkampf alle bekommt und darüber hinaus noch mehr, ist quasi ein taktisches Nachdenken nicht nötig
  • es gibt Instant-PowerUps - einfach einsammeln, schon wird für kurze Zeit eine der 3 Waffen verstärkt (sehr effektiv und optisch anschaulich) - oder ihr seid für kurze Zeit unverwundbar


Fazit:
Ich bin fasziniert. "Gatling Gears" ist ein echter Geheimhit - ein supernettes Arcade-Ballerspiel für Freunde von viel Kaputtmachbarem. Der Vorteil: es macht süchtig, es hat eine sauhübsche Grafik, einen für 10 € sehr ordentlichen Umfang, online- & couchCOOP, einen netten Wiederspielwert - auch wenn hier die Story komplett unter den Tisch gefallen ist, so sind doch die 4 Waffen gut durchdacht, werden alle benötigt und es erfordert sogar taktischen / geschickten Einsatz dieser. Stumpfsinniges Geballer ist das aufgrund des ernstzunehmenden Schwierigkeitsgrades nicht. Es wirkt irgendwie ein wenig wie die reanimierten Titel von Konami (scheint von denen ein Projekt zu sein) wie z.B. "Bionic Commando - Rearmed" oder "Rocket Knight" - und wirkt allein dadurch schon sympathisch.
Für 10 €?
Klare Sache - kaufen!

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